Innere Antreiber: Noch Motivatoren oder schon Sklaventreiber?

 

Obwohl Sie Vollgas behandeln und sich fleissig durch Ihre Aufgaben im Praxis- und Privatalltag ackern, ist Ihre To-Do-Liste nie fertig? Das frustriert, macht Druck und evtl. Mühe, abzuschalten, ein- oder durchzuschlafen.

Ich kenne das. Sie auch?

 

Kennen Sie Ihre inneren Antreiber?

Jeder Mensch hat innere Antreiber, die ihm durch die Erziehung vermittelt wurden.

Hier die Klassiker:

 

«Mach es perfekt!»,

«Sei stark!»

«Mach es allen recht!»

«Hopp, hopp, beeil dich!»

«Streng dich an!»

 

Diese Antreiber sind weder verwerflich noch böse. Im Gegenteil: Sie sind hilfreich, um im Leben voranzukommen und mit dafür verantwortlich, dass wir als Erwachsene den Platz erreicht haben, an dem wir heute stehen. Diese 5 Antreiber repräsentieren im Grunde sehr positive Eigenschaften:

«Sei perfekt!» – Leistungsbereitschaft und Genauigkeit.

«Sei stark!» – Stärke und Unabhängigkeit.

»Mach es allen recht!» – Umgänglichkeit und Freundlichkeit.

«Sei schnell!!» – Effizienz und die Fähigkeit, Chancen zu nutzen.

«Streng dich an!» – Willenskraft und Durchhaltevermögen.

Als Motivatoren helfen sie uns dabei, etwas aus unserem Leben zu machen, gesund und zufrieden zu sein. Aber Achtung: Insbesondere unter Druck und in Belastungssituationen neigen wir oft dazu, auf die durch diese Glaubenssätze geprägten Verhaltensweisen zurückzugreifen und uns dadurch selbst stark einzuengen bzw. uns so richtig die Hölle heiss zu machen.

 

Stressverschärfende Sklaventreiber

Die ursprünglich hilfreichen Antreiber können dann zu problematischen Sklaventreibern werden, wenn sie übertrieben, unflexibel und zu rigide unseren Alltag bestimmen. Tricky obendrein: Oftmals sind auch mehrere parall agierend und gleichzeitig am Werk. Dann spielen sie sich zu peitschenknallenden Fundamentallebensgrundsätzen auf und klingen ungefähr so:

«Sei perfekt!» – «Nur wenn ich etwas leiste, werde ich anerkannt/geliebt.» oder «Ausreichende Anerkennung bekomme ich nur, wenn ich es 100%-ig oder noch besser mache.» oder «Fehler können wir uns nicht leisten!»

«Sei stark!» – «Ich schaffe das alleine!» oder «Niemand darf mitbekommen, wenn ich schwach, ratlos und inkompetent bin!»

«Mach es allen recht!» – «Ich muss alle zufriedenstellen.» oder «Alle müssen sich gut verstehen.»

«Sei schnell!» – «Ich muss noch so Vieles erreichen! Am besten schon gestern, spätestens sofort!» oder «Ich könnte etwas verpassen!»

«Streng dich an!» – «Von nichts kommt nichts.» oder «Ich muss immer meine gesamte Kraft investieren, damit es gut wird. Was leicht von der Hand geht, kann nicht gut genug sein.»

Auf diese Weise führen die inneren Antreiber weder zu Gelassenheit noch zu Erfolg oder Zufriedenheit. Sie sind in ihrem Absolutheitsanspruch und ihrer Ausschliesslichkeit nicht zu erfüllen. Frust, Ärger und Resignation machen sich breit und belasten nicht nur uns selbst, sondern auch das Miteinander mit anderen Menschen.

 

Entspannen Sie Ihre Antreiber

Damit sich die Antreiber nicht negativ in Beruf und Privatsphäre auswirken, ist es sehr nützlich, sich mit ihnen ehrlich und selbstkritisch auseinanderzusetzen. Hierbei entwickelt man ein ausgeprägteres Bewusstsein dafür, welche Verhaltensweisen in welchem Mass durchaus sinnvoll sind und welche Verhaltensmuster und Automatismen bei uns selbst und bei anderen unnötigen Stress auslösen.

 

Bewusstsein schärfen, Stress reduzieren

Versuchen Sie sich deshalb gerade in Stresssituationen bewusst zu werden und zu hinterleuchten, in welchen negativen Gedankenstrudel und in welche Selbstgespräche Sie hineingeraten und damit Ihren Stress zusätzlich verschlimmern (wohlgemerkt: Home made!). Es fördert Ihre Stressbewältigung und Handlungsmöglichkeiten, wenn Sie sich Ihrer Antreiber als allererstes bewusst werden. Denn dann können Sie ihnen auch mit neuen, entspannteren Sichtweisen entgegentreten.

Beispielsweise so:

«Sei perfekt!» – «Gut ist gut genug! Ich bin gut genug!» oder «Ich darf auch Fehler machen und aus ihnen lernen.»

«Sei stark!» – «Wenn ich Gefühle zeige, bin ich stark.» oder «Ich kann um Hilfe bitten, ohne mein Gesicht zu verlieren.»

«Mach es allen recht!» – «Wer JA sagt, darf auch NEIN sagen.» oder «Meine Bedürfnisse und Wünsche sind ebenso wichtig!»

«Sei schnell!» – «Ich darf meinen eigenen Rhythmus und meine Form berücksichtigen.» oder «Ich darf Pausen machen.» oder «In der Ruhe liegt die Kraft.»

«Streng dich an!» – «Auch wenn es leicht geht, ist es wertvoll.» oder «Ich darf etwas mit Gelassenheit tun».

Entlarven Sie Ihre überschwappenden Antreiber schrittweise durch diese (oder ähnliche) entlastende Einstellungen und Haltungen. So können Sie hausgemachtem Stress wirksam entgegentreten.

Haben Sie Fragen oder Anmerkungen? Dann schreiben Sie mir ungeniert auf mail@strongroots.ch.

 

>>> Hier geht’s zum Originalartikel in der Zahn-Zeitung Schweiz: Wenn die Lösung zum Problem wird?