Sind Sie auf der Flucht und führen Sie Selbstgespräche?
Unter Stress verfallen viele Menschen in hektische Aktivität. Da starker Stress als unangenehm empfunden wird, will man ihm zügig entkommen. Die Erhöhung der Aktivitätstaktrate ist eine moderne Variante des steinzeitlichen Fluchtversuchs. Was in der Steinzeit sinnvoll gewesen sein mag, führt heute jedoch in die Sackgasse. Wir können nicht vor uns selbst, unseren Ängsten und unserem Ärger davonlaufen, auch wenn es immer wieder versucht wird.
Die Erhöhung der Taktzahl führt dazu, dass wir zu Gunsten von Handlungszeit an Denkzeit verlieren. Statt über die Richtung nachzudenken, erhöhen wir die Geschwindigkeit unserer Bewegung. Es entsteht ein Teufelskreis der Beschleunigung: Je nervöser wir werden, desto schneller arbeiten wir, desto mehr Fehler machen wir, desto noch nervöser und angespannter werden wir.
Volle Flucht voraus?
Mal angenommen, Ihr Wartezimmer ist proppenvoll. Sie sind dem Zeitplan hinten nach. Alle warten auf Sie. Die meisten Zahnärzte – zumindest die ich kenne – werden in dieser Situation hetzen oder mindestens deutlich schneller als üblich behandeln. Wie viel Zeit gewinnt man durch das Pressieren? 43 Sekunden oder allenfalls 3 Minütchen? Um welchen Preis? In der Hast atmen Sie nicht mehr richtig, Sie spannen sich innerlich an und schalten Ihr ganzes System in den Kampf- bzw. Fluchtmodus. Ihre physiologische Reaktion ist jetzt die gleiche als ob Sie zurück in der Steinzeit in der Savanne bloss mit Lendenschurz bekleidet vor dem Säbelzahntiger davonrennen müssten. Um sich da wieder raus zu regulieren und sich wieder ruhig und ausgeglichen zu fühlen, benötigen Sie mehr als die paar eingesparten Minütchen.
Ausser der Beruhigung des schlechten Gewissens Ihrem Patienten gegenüber haben Sie nichts weiter erreicht. Wenn Sie wieder einmal etwas spät dran sein sollten, behalten Sie Ihr übliches Arbeitstempo bei. Sagen Sie innerlich zu sich: „Ich arbeite fokussiert, aber ich hetze nicht.“ Atmen Sie ruhig. Sie werden kaum viel später, dafür aber im Vollbesitz Ihrer Kräfte zur nächsten Sitzung kommen.
Registrieren Sie, was es da plappert
Beobachten Sie in jeglichen stressigen Situationen immer auch Ihren inneren Monolog, der dann abgeht. Nicht die Ereignisse selbst führen zu negativen Gedanken und Gefühlen, sondern unsere Bewertung dieser Ereignisse und das negative innere Gequatsche, in dem wir unsere Wahrnehmungen und Gefühle verarbeiten. In solchen Selbstgesprächen neigen wir häufig zu Schwarz-Weiss-Denken, voreiligen Schlüssen oder ärgern uns über Dinge, die grad nicht zu ändern sind. Je stärker man solchen Gedanken nachhängt, desto mehr unnötigen, hausgemachten Druck macht man sich. Positive Selbstinstruktionen können Stress erzeugende und selbstabwertende Gedanken abbremsen. So können Sie in akuten Situationen impulsive Reaktionen eher kontrollieren und handlungsfähig bleiben.
Anleitung für positive Selbstinstruktion
▪ Schreiben Sie Selbstgespräche auf, die Ihnen in Stresssituationen durch den Kopf gehen. Stellen Sie fest, welche Gedanken auftreten.
▪ Teilen Sie diese Gedanken in positive und negative ein.
▪ Unterscheiden Sie zwischen dem, was in einer Situation tatsächlich (real) geschieht, Ihren Gedanken über das Ereignis und Ihren Gefühlen bzw. Ihrem Verhalten.
▪ Überlegen Sie sich für die negativen Gedanken positive Selbstgespräche. Die neuen Formulierungen müssen mit Ihnen im Einklang sein.
▪ Wählen Sie für jede vorhersehbare Stresssituation passende Selbstinstruktionen. Gehen Sie dabei verschiedene Situationen nacheinander an. Step by step. Veränderung ist ein Prozess. Versuchen Sie nicht, alles auf’s Mal zu ändern.
▪ Setzen Sie die positiven Selbstinstruktionen vor, während und nach der Stress auslösenden Situation ein. Sprechen Sie je nach Situation und Neigung laut oder auch nur in Gedanken vor sich hin.
Übrigens: Es ist durchaus «normal» Selbstgespräche zu führen.
Ich wünsche Ihnen einen konstruktiven Monolog!
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>>> Hier geht’s zum Artikel für weniger Stress in der Zahn-/Arztpraxis