Schützen Sie sich vor Burnout – Nehmen Sie Ihren Perfektionisten an die kurze Leine

Wenn Sie das Gefühl haben, dass Ihr Job als Zahnärztin oder Zahnarzt stressig ist, sind Sie damit nicht allein. Studien zufolge bezeichnen 61% der ZahnärztInnen die zahnärztliche Berufsausübung als „überdurchschnittlich stressig“. In einer immer hektischeren Arbeits- und Lebenswelt, die von hohem Tempo, ständigem Zeitdruck und vielen verschiedenen Aufgaben geprägt ist, erstaunt es nicht, dass auch immer mehr ZahnärztInnen das drängende Gefühl haben, ständig 200% geben zu müssen, um allen Anforderungen gerecht zu werden.

Ist ob dem Speed erstmal ein Zustand von Dauerstress erreicht, bleibt oft lange unbemerkt, dass das Streben nach permanenter Höchstleistung auf Kosten der eigenen Zufriedenheit und Gesundheit geht: Mehr als die Hälfte der Zahnmediziner geben stressbedingte Symptome wie Antriebsmangel, chronische Müdigkeit, Schlafstörungen und Ängste an.

 

Durch Dauerstress Richtung Burnout

Herrscht ein andauerndes Missverhältnis zwischen den eigenen Leistungskapazitäten und den Anforderungen des beruflichen und privaten Umfelds, führt dies zu Stress. Hält dieser chronisch an, erfährt der Körper eine dauerhafte Überdosis an Stresshormonen. Ohne geeignete Kompensationsmethoden kann dieser Dauerbeschuss und die Überschwemmung des Organismus mit dem Stresshormon Kortisol mit der Zeit zu verschiedenen körperlichen Krankheiten oder zu psychischen Erkrankungen wie Depressionen oder Angststörungen führen. Oder in eine tiefgreifende geistige, körperliche und emotionale Erschöpfung mit reduzierter Leistungsfähigkeit münden: In das Burnout-Syndrom.

 

Hohe Burnout-Raten bei Zahnärzten und Ärzten

Untersuchungen zufolge leiden ZahnärztInnen nicht nur sehr häufig unter körperlichen Symptomen wie Rückenschmerzen und Karpaltunnel-Syndrom, Schlafproblemen, Kopfschmerzen, anhaltender Müdigkeit und Depressionen. Sie gehören zu den besonders gefährdeten Berufsgruppen für eine Burnout-Erkrankung. Jeder 3. Zahnarzt ist ernsthaft Burnout gefährdet. Auch ein erhöhter Konsum von Alkohol, Schlafmitteln und Zigaretten wurde in Erhebungen festgestellt sowie ein 1,5- bis 4,5-fach höheres Risiko der Suizidalität. Die Folgen von Burnout sind ernst und beinhalten ihrerseits ein erhöhtes Risiko für körperliche und psychische Folgekrankheiten. Damit verbunden sind Krankheitsausfälle am Arbeitsplatz mit hohen sozioökonomischen Kosten.

Burnout-Stolperfallen in der Privatpraxis

Welche Faktoren spielen in der Zahnarzt- bzw. Arztpraxis eine Rolle, die zu einem schrittweisen Voranschreiten einer Burnout-Erkrankung führen können? Hauptsächlich verantwortlich gemacht werden betriebswirtschaftliche Rahmenbedingen wie z.B. hohe Kosten für Praxisinvestitionen, das fehlende Verbundenheitsgefühl bei Niederlassung in einer Einzelpraxis sowie die hohe Verantwortung gegenüber Mitarbeitenden und im Bereich der Arzt-Patient-Beziehung. Hier muss der Zahnarzt, Implantologe oder Chirurg emotional die Schmerzen und Ängste der Patienten aushalten, auf deren Befindlichkeiten und Bedürfnisse eingehen, in höchster Präzision und Konzentration auf kleinstem Raum in unergonomischer Haltung in engster körperlicher Nähe zum Patienten arbeiten. Das ist sehr anstrengend und unter diesen Bedingungen wird nicht selten die eigene Gesundheit vernachlässigt. Des Weiteren nennen Zahnärzte eigene Misserfolge und Behandlungsfehler sowie den eigenen Perfektionismus und Qualitätsanspruch als bedeutendste Stressfaktoren. Schauen wir mal da näher hin.

Perfektionismus stresst

Mit Perfektionisten sind Menschen gemeint, die sehr hohe Anforderungen an sich stellen, alles perfekt machen wollen und sich übertrieben hohe Ziele setzen. Egal ob im Beruf, im Privaten, im Hobby, im Sport oder in der Familie. Sie glauben häufiger, dass sie ihre Arbeiten noch besser machen sollten, wollen stets Höchstleistungen vollbringen. Sie wollen die Erwartungen, die an sie gestellt werden, übertreffen und erlauben sich nicht, Fehler zu machen. Perfektionisten wollen immer 120 % geben. Nichts ist gut genug. Sie sind selten zufrieden, denn sie hätten es ja noch besser machen können, ja vielleicht sogar besser machen müssen.

Dieser enorme Druck, den Perfektionisten für sich selbst aufbauen, bleibt nicht ohne Folgen: Perfektionisten leiden meistens dauerhaft unter körperlicher Unruhe, Anspannung und Stress. Sie haben ständig Angst davor, Fehler zu machen oder zu versagen. Sie sind zwar schlecht dran, aber merken es selbst nicht. Zusätzlich ungünstig ist, dass sie an ihr Umfeld oft ähnlich hohe Erwartungen stellen und dementsprechend auch das Umfeld bzw. Praxispersonal in Mitleidenschaft ziehen.

Wenn sie bemerken, dass von anderen keine Anerkennung zurückkommt oder dass sie ihre Ziele nicht immer und überall erreichen können, sind sie (von sich) enttäuscht, strengen sich noch mehr an und ihr Akku läuft langsam leer. Je mehr ihr Akku sich leert, umso mehr strengen sie sich an und umso wahrscheinlicher kommt es zu einem Burnout. Irgendwann ist der Leistungswille womöglich immer noch da, aber Körper und Geist verweigern ihre Mitarbeit. Sie haben die Notbremse gezogen.

Sind Zahnärzte Perfektionisten?

Studien zeigen, dass Zahnärzte höhere persönliche Standards und Organisiertheit an den Tag legen im Vergleich zur Durchschnittsbevölkerung und anderen Akademikern. Diese Eigenschaften sind für Zahnärzte sicherlich nicht nur nützlich, sondern vielleicht sogar zwingende Voraussetzung, um die komplexen Anforderungen ihrer Arbeit erfüllen zu können.

Auch auf gesellschaftlicher Ebene unter dem aktuellen Groove unserer Arbeitswelt mit Konkurrenzdruck und extremer Leistungsorientierung erhält Perfektionismus eine beinahe positive Konnotation: Nur wer leistet, ist wer.

Von Ihnen als Zahnärzten, Ärzten, Chirurgen (oder auch von Piloten und Ingenieuren) wird Perfektionismus geradezu erwartet, weil Fehler beträchtlichen Schaden nach sich ziehen können. Bei medizinischen Behandlungen ist es daher nicht angesagt, ungenau zu arbeiten. Ebenso sollen die Arbeiten des Zahntechnikers «perfect fit» sein und die Dentalhygiene ein strahlendes Resultat bei maximaler Behaglichkeit für den Patienten erzielen.

Die Perfektionismusfalle schnappt zu

Dieser Erwartungsdruck kann zu immer noch besseren Leistungen, noch mehr Vollkommenheit antreiben und in die Perfektionismusfalle drängen. Ängste werden geschürt: Angst zu versagen, Angst, das alles nicht zu schaffen, Angst nicht zu genügen, Angst Patienten zu verlieren, Mitarbeitende zu vergraulen, vom Chef eins auf den Deckel zu kriegen, eine schlechte Mundpropaganda zu kassieren oder unternehmerisch ins Straucheln zu geraten. Die Ängste im Nacken verschleissen in jeglicher Hinsicht Unmengen an Energie, führen zu Überbeanspruchung und unnötig langen Arbeitszeiten.

Perfektionismus schürt Arbeitsbelastung, Burnout und psychische Erkrankungen

Eine perfektionistische Herangehensweise mag bezogen auf die Zahnbehandlung noch halbwegs erfüllbar sein. Das Berufsbild des heutigen Zahnarztes wird jedoch immer vielfältiger und komplexer. Neben der zahnärztlichen Behandlung sind Sie als Zahnmediziner zusätzlich Betriebswirt, Psychologe, Konfliktmanager, Teamentwickler, Personalmanager, Marketing-Experte, Ausbilder usw. Die dazu nötigen Fähigkeiten wie Neugierde, Selbstreflektion, Einfühlungsvermögen, Kommunikationsgeschick, Zielorientierung, Konfliktfähigkeit, Selbstbewusstsein und Teamfähigkeit werden wie selbstverständlich vorausgesetzt. Bei immer höherem wirtschaftlichen Druck und Bürokratie sollen Sie als Zahnmediziner*In sich ständig fort- und weiterbilden und sich so ganz nebenbei um eine gelungene Partnerschaft, Familie, Kinder und Schule kümmern. Und dabei Ihre eigene physische und psychische Gesundheit erhalten. Werden diese Anforderungen gepaart mit Perfektionismus, hohem Ehrgeiz und extremer Einsatzbereitschaft führt dies unweigerlich dazu, dass sich perfektionistische Zahnärzte über die Grenzen hinaus beanspruchen und erst im Endstadium gezwungenermassen durch eine körperliche Erkrankung oder einen psychischen Zusammenbruch pausieren.

Doch soweit muss es nicht kommen. Die Weichen können jederzeit neu gestellt werden.

Dauerstress in Schach halten: Den Perfektionisten an die kurze Leine nehmen

Sollen Sie jetzt schlampig, unzuverlässig oder unverantwortlich arbeiten? Nein! Darum geht es nicht. Es geht auch nicht darum, Mittelmass abzuliefern. Was Sie viel eher tun bzw. lassen können, ist Folgendes:

1. Machen Sie sich klar, dass Perfektion eine Illusion ist. Sie wird niemals erreicht.

2. Treffen Sie für sich die bewusste Entscheidung, Ihren Perfektionisten in die Schranken weisen zu wollen. Erkennen Sie, wie und wann er Ihnen schadet. Geben Sie sich selbst die Wertschätzung und nehmen Sie sich selbst wichtig genug, um daran etwas zu ändern. Fragen Sie sich: „In welchem Verhältnis steht der Aufwand zum Ergebnis? Wie viel Einsatz will und kann ich bringen, sodass ich mich damit wohl fühle?“

3. Lernen Sie zu unterscheiden. Grundsätzlich ist Perfektionismus nichts Schlechtes. Das bestmögliche Ergebnis erreichen zu wollen und hart dafür zu arbeiten, ist nicht dumm. Der Punkt ist: Perfektionismus kann in alle möglichen Bereiche überschwappen. Statt „nur“ bei der Zahnbehandlung 120 % anzusteuern, findet man sich wieder, alles Mögliche perfekt machen zu wollen. Lernen Sie daher zu erkennen, dass in den meisten Situationen „gut“ tatsächlich «gut genug» ist und völlig ausreicht. Und reflektieren Sie bitte: Wer verlangt von Ihnen, dass alles perfekt sein muss? Sie selbst oder andere?

4. Seien Sie auf der Hut vor dem Versuch, Perfektionismus völlig abschalten zu wollen. Das ist schon wieder ein perfektionistischer Ansatz! Also zum Scheitern verurteilt. Fokussieren Sie sich auf die guten Dinge und die positiven Aspekte unperfekter Angelegenheiten. Wenn Sie einen Fehler machen, sind Sie nicht gleich wertlos. Wenn Sie etwas nicht schaffen, sind Sie nicht gleich ein Versager. Wenn ein Perfektionist in Ihnen wohnt, werden Sie ihn nur dann besänftigen, wenn Sie ihn als vorhanden akzeptieren und nicht mit ihm kämpfen. Setzen Sie den Schwerpunkt immer auf Ihre Erfolge und nicht auf Ihre Fehler.

5. Trauen Sie sich, weniger zu machen. Streben Sie „gut“ an, anstelle „perfekt“. Bei „gut“ ist ein Ende in Sicht. „Perfekt“ hingegen ist endlos. Mit der Zeit werden Sie feststellen, dass die schlimmen Konsequenzen, die Sie sich im Kopf womöglich ausmalen, gar nicht eintreffen, weil niemand merkt, dass Sie weniger gegeben haben. Normalerweise reichen 80 % aus. Wichtig ist: Fangen Sie klein an. Versuchen Sie nicht gleich Ihr ganzes Leben und Ihre Verhaltensweisen in jedem Bereich zu verändern. Nehmen Sie sich stattdessen vor, jeden Tag nur eine kleine Sache „gut“ und nicht „perfekt“ zu machen, und steigern Sie sich mit der Zeit. Beobachten Sie: Wie reagiert Ihr Umfeld? Wie fühlen Sie sich selber dabei? Halten Sie es aus, weniger zu machen?

6. Akzeptieren Sie Ihre Fehler. Wir sind alle nur Menschen. Und Menschen sind unperfekt und machen Fehler. Darum, wenn Sie wieder einmal den Drang zur Perfektion in sich spüren und ewig an einer Aufgabe rumdoktern, sprechen Sie freundlich und sanft zu diesem Teil in Ihnen und sagen Sie ihm: „80 % sind gut genug. Ich gebe mein Bestes, passend zu meinen individuellen Möglichkeiten, Grenzen und Bedürfnissen.“ Machen Sie sich diesen Satz zum Mantra, mit dem Sie sich selbst immer wieder daran erinnern, dass das Ergebnis gut genug ist und vor allem, dass SIE gut genug sind. Seien Sie sich selbst ein guter Freund und verhalten Sie sich so, wie Sie das von einem Freund auch erwarten würden: Wohlwollend, geduldig und tolerant statt verurteilend und streng.

7. Zuletzt ist perfektionistisches Verhalten auch immer als ein angstvolles Vermeiden zu sehen – in Form von Bewertungsangst oder dem Vermeiden von Imperfektion – gegen oder für das man sich entscheiden kann. Jedes Mal, wenn Sie versuchen, mehr als 100 % zu geben, schwächen Sie damit Ihre Resilienz und nähren Ihren Perfektionismus. Lassen Sie sich nicht von Ihren Ängsten steuern. Sparen Sie sich Ihre Energie und haben Sie diese für Anderes verfügbar. Ihre Beziehungen, Ihre Familie, Ihre Kinder, Ihre Praxis und Ihr Personal.

Wenn Sie das Gefühl haben, dass Ihre Ängste Ihnen viel Energie rauben, dann vereinbaren Sie jetzt ein kostenloses Kennenlerngespräch mit mir unter https://zonza.youcanbook.me. Wir schauen dann, wo Sie grade stehen und wie ich Sie unterstützen kann.

>>> Lesen Sie den Original-Artikel zu weniger Leistungsdruck in der Zahnarzt- und Arztpraxis in der neusten Ausgabe der Zahn-Zeitung Schweiz.